In Brandenburg an der Havel haben am Mittwoch, 02.06.2010, Staatssekretär Rainer Bretschneider, Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann und Prof. Dr. Detlef Karg, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, gemeinsam den Grundstein für den Neubau einer Fuß- und Radwegbrücke über den Stadtkanal gelegt. Bei der Grundsteinlegung wurde eine Schatulle mit Zeitdokumenten in einen Bohrpfahl versenkt und einbetoniert. Die musikalische Begleitung durch das Programm sicherte die Katholische Kita „Heilige Dreifaltigkeit" ab.
Im Rahmen von Stadtentwicklungsmaßnahmen sollen die Wegeverbindungen für Fußgänger und Radfahrer verbessert werden. Es wird mit dem Bau der Stadtkanalbrücke eine attraktive Wegeverbindung zwischen dem Hauptbahnhof und der Brandenburger Innenstadt bzw. dem St.-Pauli-Kloster geschaffen. „Die Notwendigkeit einer direkten Wegeverbindung zwischen dem Hauptbahnhof und dem Zentrum der Neustadt ist um so wichtiger, seit dem sich das auf dieser Achse befindliche Klosterquartier zu einem überregional beachteten und stark frequentierten Museums- und Veranstaltungsort entwickelt hat“ sagte Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann.
Zentraler Baustein dieser neu zu schaffenden Fußwegverbindung ist ein Brückenneubau über den Stadtkanal, ein Seitenarm der Havel. Zur Vermeidung von Umwegen wird der Brückenneubau direkt vor dem Kloster angeordnet. Der Standort liegt in einem engen Baufeld direkt neben bestehender Bebauung. Zur Schaffung von Baufreiheit ist unter anderem eine bestehende Mauer abzubrechen.
Im Baufeld sind die St.-Annenpromenade und der Jungfernsteig voll gesperrt. Eine Passage für Fußgänger konnte nicht eingerichtet werden.
Bauausführende Firma ist die EUROVIA Verkehrsbau GmbH, NL Lindow. Die Bauüberwachung liegt im Auftrag der Stadt Brandenburg an der Havel beim Büro AMP (Herr Andreas Müller aus Brandenburg an der Havel), Bauoberleitung erfolgt durch die Stadtverwaltung, Fachbereich Bauen und Stadtentwicklung.
Infolge der denkmalgeschützten Anlagen und der sensiblen städtebaulichen Lage wurde vom Bauherrn ein begrenzt offener Wettbewerb ausgelobt. Gemäß Preisgerichtssitzung vom 28. März 2008 wurde der Wettbewerbsentwurf von Hascher Jehle Architektur und Leonhardt, Andrä und Partner mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Die weiteren Planungen basieren auf dem Wettbewerbsentwurf.
Entwurf
Entsprechend der Aufgabenstellung ist das Lichtraumprofil des Stadtkanals von 3,50 m über BWo auf einer Länge von mindestens 12,00 m freizuhalten. Die Breite zwischen den Uferlinien des Stadtkanals beträgt ca. 25 m. Die Haupt-Wegeführung ist mit einer lichten Breite von mindestens 3,00 m auszubilden. Die Überführung ist mobilitätsbehindertengerecht auszubilden, d.h. mit max. 6 % Längsgefälle und entsprechenden Zwischenpodesten. Um eine ausreichende Bauwerkslänge zum mobilitätsbehindertengerechten Überwinden der Höhendifferenz zu erhalten, wurde die Wegeführung an beiden Rampenenden abgeknickt.
Für die Bauwerksgestaltung gab es zwei grundlegende Entwurfsgedanken: die Wegeführung und die vorhandenen Mauern in der Umgebung.
Die Haupt-Wegeführung verbindet den Hauptbahnhof direkt mit dem St.-Pauli-Kloster und im weiteren Verlauf mit der Brandenburger Innenstadt. Die orthogonale Querung des Stadtkanals stellt die Sichtbeziehung zum St.-Pauli-Kloster her, die Brückennutzer werden direkt auf das St.-Pauli-Kloster zugeführt.
Die zweite grundlegende Entwurfsidee nimmt das Thema der in der Umgebung vorhandenen Mauern auf. Die Scheibenartige Elemente begleiten den Wegraum, lenken den Blick von Radfahrern und Fußgängern und dienen sowohl als tragende Bauteile der Brückenkonstruktion sowie als Brüstungselemente der Brücke.
Bauwerksausbildung
Die Konstruktion wurde entsprechend den Entwurfsideen entwickelt. Die Tragstruktur folgt der Wegeführung und wird mit scheibenartigen Elementen ausgebildet. Als System wurde ein eingespannter Rahmen mit schrägen Stielen gewählt. Durch die Anordnung von Treppen an den Schrägstielen werden die parallel zum Stadtkanal vorhandenen Uferwege mit angebunden. Die Treppen dienen zur kurzen Verbindung der Uferpromenaden. Zur Umsetzung des Systems kommt als sinnvoller Baustoff nur Stahl in Frage.
Die Haupttragelemente der zwei Längsträger haben eine veränderliche Bauhöhe und werden in Brückenlängsrichtung versetzt zueinander angeordnet. Die max. Bauhöhe der Längsträger beträgt 1,25 m. Die Längsträger gehen in die Schrägstiele über. Der Überbau wird somit je Uferseite einseitig mit einem scheibenartigen Element ausgebildet und einseitig durch einen Schrägstiel gestützt. Die Überbauscheiben werden biegesteif in die Auflagerpunkte eingespannt.
Im Bereich der großen Biegebeanspruchungen wird eine große Trägerhöhe ausgebildet. Das Hauptsystem entspricht einem Schrägstielrahmen, die Stützweiten betragen 2,60 / 30,70 / 7,20 m, die Gesamtlänge ergibt sich zu 40,50 m.
Die Unterbauten und die angrenzenden Rampen werden in Stahlbeton ausgebildet. Um aufwendige Baugruben und Wasserhaltungsmaßnahmen zu vermeiden, sind die Unterkanten der Widerlager auf OK des Wasserspiegels angeordnet. Die Gründung der Hauptbrücke erfolgt in den anstehenden Sandschichten tief mittels Ortbetonbohrpfählen d=60 cm.
Geländer, Absturzsicherung
Die erforderliche Höhe der Absturzsicherung beträgt auf dem Überbau und der Rampe Kirchhofstraße 1,20 m. Den seitlichen Überbauabschluss bilden die Längsträger, welche bereichsweise die erforderliche Höhe haben. Bei geringer Trägerhöhe wird ein Aufsatzgeländer angeordnet, die Geländerhöhe ist dementsprechend variabel. Die erforderliche Geländerhöhe auf den Treppen beträgt 1,00 m.
Um eine möglichst hohe Transparenz zu erhalten wird ein Glasgeländer angeordnet. Die Ausführung der Glasscheiben erfolgt gemäß den „Technischen Regeln für die Verwendung von absturzsichernden Verglasungen (TRAV)“, Kategorie B, siehe [1]. Die Haltung der Glaselemente erfolgt über eine Klemmleiste gemäß TRAV Anhang B. Der Handlauf wird mit einem Kantprofil ausgebildet. Vor den Treppenabgängen werden farbliche Bodenindikatoren angebracht, um zu vermeiden, dass Radfahrer versehentlich auf die 0,90 m breite Treppe auffahren.
Die Beleuchtung der Gehwegfläche erfolgt linear mittels im Geländerhandlauf integrierten Leuchtelementen. In dem aufgesetzten Handlauf werden in einer eingefrästen Nut LED – Leuchten angeordnet.
Belag
Der Überbau erhält einen Reaktionsharz gebundenen Dünnbelag entsprechend ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 5. Um einen einheitlichen Belag auf dem Überbau und den Rampen zu erhalten wird auf die Betonplatten der Rampen ein Oberflächenschutzsystem gemäß ZTV-ING, Teil 3, Abschnitt 4 aufgebracht.
Entwässerung
Die Gehbahnentwässerung erfolgt über Quergefälle zur Mitte des Überbaus. Von der mittig angeordneten Sammelfläche gelangt das Wasser über das Überbaulängsgefälle zu einer Entwässerungsrinne im Deckblech. Um Wasser auf der Treppe zu vermeiden, wird die Entwässerungsrinne vor der Treppe Ost angeordnet. Von der Rinne gelangt das Wasser über eine Entwässerungsleitung zum Auflagerpunkt Jungfernsteig. Im Bereich der Querträger sind für die Entwässerungsleitung entsprechende Auswechslungen vorgesehen.
Material, Farbgebung
Zur Reduzierung des Eigengewichtes und zur Aufnahme der Torsion der asymmetrischen Querschnitte wird der gesamte Überbau inkl. der Schrägstiele aus Stahl S355 J2 +N gefertigt. Als Farbe der letzten Deckbeschichtung kommt mit DB 702 ein mittleres Grau zur Anwendung.
Montage
Die Montage der Stahlkonstruktion auf dem beengten Baufeld ist wie folgt vorgesehen:
- Zusammenbau der Stahlkonstruktion auf dem Vormontageplatz
- Einschwimmen des Rahmensystems mit den Schrägstielen
- Anschweißen der Schrägstiele an den Einbauteile
- Einheben der Randbereich mittels Autokran
- Anschweißen der Randbereiche an das Rahmensystem und an die Einbauteile