In Brandenburg an der Havel entsteht eine Gedenkstätte für die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde. Erbbaurechtsvertrag zwischen Stadt und Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten unterzeichnet.
Der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Prof. Dr. Günter Morsch, und Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann, haben am 01.10.2009 in Brandenburg an der Havel einen Erbbaurechtsvertrag unterschrieben, mit dem die Übertragung eines original erhaltenen ehemaligen
Werkstattgebäudes des „Alten Zuchthauses“ im Zentrum der Havelstadt an die Gedenkstättenstiftung besiegelt wurde.
Bis voraussichtlich Ende 2011 soll hier eine Gedenkstätte entstehen, die an die nationalsozialistischen „Euthanasie“-Verbrechen in Brandenburg erinnern wird. Die Kosten für die Sanierung des Gebäudes und die Dauerausstellung betragen rund 1,2 Millionen Euro, die vom Land Brandenburg und aus Projektfördermitteln des Bundeskulturbeauftragten bereitgestellt werden.
"Wir sind sehr froh, dass jetzt auch in Brandenburg wie bereits in den
anderen Tötungsanstalten des nationalsozialistischen Krankenmordes eine
aktive Gedenkstätte entstehen wird", sagte Stiftungsdirektor Günter Morsch
nach der Vertragsunterzeichnung. „Ich danke der Stadt Brandenburg und besonders Oberbürgermeisterin Frau Dr. Tiemann, die durch ihr persönliches Engagement ganz entscheidend dazu beigetragen hat, dass wir dieses Projekt nun nach langem Vorlauf realisieren können. Wir sind optimistisch, dass wir bald auch eine Lösung für die Darstellung der Geschichte des Zuchthauses vor und nach 1945 präsentieren können“, so Morsch weiter.
Für Dr. Dietlind Tiemann „war es von Anfang an ein persönliches Anliegen, für dieses wichtige Projekt eine ganzheitliche Lösung zu finden. Dafür haben wir jetzt die Voraussetzungen geschaffen, so dass die ersten Schritte für die Realisierung des Vorhabens nun in Angriff genommen werden können.“ so die Oberbürgermeisterin weiter.
Eine der ersten Mordstätten der „Euthanasieaktion“ befand sich auf dem
Gelände des 1931 geschlossenen „Alten Brandenburger Zuchthauses“. Mehr als
9.000 Menschen aus psychiatrischen Krankenhäusern und Fürsorgeinstitutionen
des nord- und mitteldeutschen Raums wurden hier zwischen Januar und Ende
Oktober 1940 von den Nationalsozialisten in einer Gaskammer ermordet.
Kernstück der von der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten betriebenen
Gedenkstätte wird eine ca. 120 m² umfassende Dauerausstellung sein, in der
es vor allem um die Opfer der Mordaktion gehen wird sowie um die besondere
Rolle Brandenburgs beim „Euthanasieprogramm“ und der Vorbereitung des
Holocaust an den europäischen Juden. Denn Brandenburg war im Januar 1940
Schauplatz einer „Probetötung“, bei der die Entscheidung für das
Mordverfahren mit Gas getroffen wurde. Eine weitere Besonderheit ist die ab
Juli 1940 in Brandenburg vollzogene „T4“-Sonderaktion gegen jüdische Kranke,
die den Auftakt zur systematischen „Vernichtung“ jüdischer
Psychiatriepatienten im Reichsgebiet bildete.
In die Ausstellung werden auch die Informationsstelen am authentischen Ort
integriert, die 1997 von der Stadt Brandenburg an der Havel bei den freigelegten Fundamenten der ehemaligen Anstaltsscheune, dem Standort der Gaskammer, errichtet wurden. Zudem sind Verweise auf andere zeithistorisch relevante Orte in der Stadt geplant.