Am Freitag, 06.02.2009, wurde in Brandenburg an der Havel im Beisein von Kulturministerin Prof. Dr. Johanna Wanka das restaurierte Chorscheitelfenster der St. Pauli-Kirche der Öffentlichkeit vorgestellt. Gemeinsam mit Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann sowie Vertretern der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Land Brandenburg und der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam (MBS) sowie zahlreichen Gästen verfolgte sie die Enthüllung des wertvollen Bibelfensters. Dank einer von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der MBS initiierten Spendenaktion erstrahlt die wertvolle Glasmalerei nun nach fast sieben Jahrzehnten wieder in alter Schönheit und Farbenpracht an seinem ursprünglichen Platz. Zu der Festveranstaltung wurden alle bekannten Förderer und Spender eingeladen, um ihnen für ihre Unterstützung zu danken.
Claus Friedrich Holtmann, Vorstandsvorsitzender der Ostdeutschen Sparkassenstiftung: „Der erfolgreiche Abschluss unserer Spendenaktion zugunsten des berühmten Chorscheitelfensters und die nun vollendete Restaurierung wäre ohne die Nähe unserer Sparkassenorganisation und der MBS zu den Menschen vor Ort nicht möglich gewesen. Die Tatsache, dass die Aktion schon zwei Monate vor dem Zieldatum Ostern abgeschlossen werden konnte, zeigt, dass wir mit dieser Aktion den richtigen Nerv getroffen haben.“
Andreas Fellmann (MBS) ergänzte: „Der Erfolg dieser Spendenaktion zeigt, was Bürgerengagement alles bewegen kann. Eine solche tiefe Verbundenheit der Brandenburger mit ihrer Stadt und ihren Kulturschätzen erfüllt auch die MBS als Mitinitiator der Spendenaktion mit großem Stolz und Dankbarkeit."
Für Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann bedeutet die feierliche Enthüllung des Chorscheitelfensters den krönenden Abschluss eines wichtigen Sanierungsvorhabens in der Havelstadt: „Mit der denkmalgerechten Restaurierung des im Krieg zerstörten Klosters und dem Wiederaufbau des Kirchenschiffes von St. Pauli ist in den vergangenen Jahren nicht nur eines der schönsten und interessantesten Gebäudeensembles der historischen Chur- und Hauptstadt der Mark Brandenburg in alter Schönheit neu entstanden. Diese erfolgreiche Sanierung war vor allem auch ein entscheidender Impulsgeber für weitere wichtige Stadtentwicklungs- und Sanierungsvorhaben im Klosterquartier und im Zentrum der Neustadt. Als Domizil des Archäologischen Landesmuseums und interessanter Veranstaltungsort ist das Pauli-Kloster inzwischen weit über die Grenzen unserer Stadt hinaus bekannt und trägt wesentlich zur Belebung der Innenstadt bei. Ich danke allen, die an diesem großen Projekt mitgearbeitet haben und vor allem auch den vielen Spendern, die sich für die Restaurierung und den Wiedereinbau des Chorscheitelfensters eingesetzt haben. Ganz besonders herzlich haben wir Brandenburgerinnen und Brandenburger der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der MBS sowie dem LIONS CLUB zu danken, die mit dieser großartigen Aktion zum wiederholten Mal ihr Engagement für unsere Stadt bewiesen haben.“
Fast auf den Tag genau vor einem Jahr hatten die einzelnen Teile des Bibelfensters ihren Weg in die Werkstatt der Glasrestauratorin Ilona Berkei in Zeuthen angetreten, um dort für den Wiedereinbau im Chorscheitelfenster der Klosterkirche St. Pauli restauriert zu werden.
Die im Juli 2007 von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Land Brandenburg gemeinsam mit der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam erfolgte Zusage, jeden von Bürgerinnen und Bürgern, Firmen und Vereinen bis Ostern 2008 gestifteten Euro bis zu einer Gesamtspendenhöhe von 22.000 Euro zu verdoppeln, löste ein beeindruckendes Bürgerengagement und eine überaus große Spendenbereitschaft aus. Die Zielmarke von 22.000 EUR war bereits zwei Monate vor Ostern erreicht.
Über 100 private Einzelspenden zwischen 10 und 1.000 EUR trugen genauso zur Finanzierung der Restaurierungskosten von rund 85.000,- EUR bei, wie das überaus großzügige Engagement des LIONS CLUB Brandenburg an der Havel, der u.a. sein Benefizkonzert und den Adventskalender 2007 dem Bibelfenster widmete. Unterstützt wurde die Spendenaktion außerdem u.a. durch den Stadtmarketingverein, die Freimaurerloge „Friedrich zur Tugend“ Brandenburg a.d.H., die Organisatoren des 1. Wirtschaftsballs und den Architekten Prof. Karsten Westphal, der seine zahlreichen Führungen durch das Kloster erfolgreich nutzte, um auf die Spendenaktion hinzuweisen. Ein wesentlicher Teil der Kosten konnte über Mittel aus dem Förderprogramm „Städtebaulicher Denkmalschutz“ gedeckt werden.
Im Atelier der Dipl. Restauratorin Ilona Berkei erfolgte im Zeitraum vom Februar bis zum Jahresende 2008 die Konservierung und Restaurierung der wertvollen Glasmalereien. Die intensive fachliche Betreuung und Begleitung oblag dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege, der Fachgruppe Denkmalschutz und dem Gebäude- und Liegenschaftsmanagement der Stadt als Bauherrin. Wissenschaftliche Unterstützung gewährten das Corpus Vitrearum Medii Aevi (CVMA) der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin.
Über die Geschichte und Bedeutung des wertvollen Bibelfensters, die wissenschaftlichen Untersuchungen und die restauratorischen Maßnahmen informiert eine Begleitausstellung, die anlässlich der Fensterenthüllung im Chor der St. Pauli-Kirche präsentiert wird und bis einschließlich 2. März zu sehen sein wird.
Im Rahmen dieser Ausstellung wird u.a. eine Fotoaufnahme des Kircheninneren vor der Zerstörung 1945 zu sehen sein, die das Chorscheitelfenster mit seiner ornamentalen Maßwerkverglasung zeigt, die sich leider nicht erhalten hat. Ihre Ergänzung ist im Hinblick auf die Gesamtwirkung der Glasmalereien außerordentlich wünschenswert. Die Kosten für die Maßwerkverglasung werden auf ca. 10.000 EUR geschätzt. Die große Resonanz auf den Spendenaufruf und das rege Interesse der Brandenburgerinnen und Brandenburger an der über 1.000-jährigen Geschichte ihrer Heimatstadt und der Bewahrung der zahlreichen wertvollen Baudenkmäler und Kunstschätze lässt hoffen, dass auch hierfür die partnerschaftliche Finanzierung aus öffentlichen und privaten Mitteln gelingt.
Pressekontakt:
Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam, Daniela Toppel, Pressesprecherin
Telefon: (0331) 89 121 30, Fax.: (0331) 89 121 95, E-Mail: pressestellembs-potsdam.de
Ostdeutsche Sparkassenstiftung, Dr. Dagmar Löttgen, Referentin Stiftungsangelegenheiten,
Telefon: (030) 20 69 18 28, Fax: (030) 20 69 28 28, E-mail: dagmar.loettgenosv-online.de
Stadt Brandenburg an der Havel, Norbert Plaul, Pressesprecher
Telefon: (03381) 58 70 20, Fax: (03381) 58 70 24, E-Mail: norbert.plaulstadt-brandenburg.de
Das Chorscheitelfenster von St. Pauli
Das 1286 gestiftete Dominikanerkloster St. Pauli gehört trotz kriegsbedingter Teilzerstörung auch heute noch zu den bedeutendsten Vertretern der Backsteingotik im Land Brandenburg. Die erhaltenen Glasmalereien des Chorscheitelfensters datieren um 1330.
Die erzählende Handlung der Glasmalerei zeigt in der Mittelbahn von unten nach oben die Geschichte Jesu von der Geburt bis zur Himmelfahrt. Den acht neutestamentliche Szenen der Mittelbahn sind seitlich je sieben erklärende alttestamentliche Darstellungen zugeordnet. Somit folgt die Glasmalerei dem typologischen Verglasungsprogramm nach dem Schema der Armenbibel: Allen, die des Lesens und Schreibens unkundig waren, wird hier die Zusammengehörigkeit des Alten und Neuen Testaments bildlich erklärt.
Die Glasmalereien der Kirche des St. Pauli-Klosters sind nicht nur von herausragender historischer, sondern auch kunsthistorischer Bedeutung. Sie zählen zu den ältesten im Land; das Typologiefenster zu den am besten erhaltenen in den neuen Bundesländern.
Die Ausstattung von St. Pauli wurde 1945, als die Kirche und das Kloster bis auf ihre Umfassungswände nieder brannten, fast vollständig zerstört. Die Glasmalereien jedoch waren im Rahmen des Luftschutzprogramms zur Sicherung nationaler Kulturgüter bereits 1942 ausgebaut und in den Kellern von St. Gotthardt in Sicherheit gebracht worden. Hier lagerten sie fast 30 Jahre bis das Fenster vorübergehend im Chor von St. Katharinen eingebaut wurde.
Nach Zustimmung des Gemeindekirchenrates der Katharinengemeinde, das Chorscheitelfensters an seinen ursprünglichen Standort in die Kirche des St. Pauli-Klosters zurückzuführen, erfolgte 2006 der Ausbau des Fensters. Hierbei wurde der unerwartet hohe Restaurierungsbedarf deutlich. Sowohl die mittelalterlichen Malereien, als auch die Ergänzungen des 19. Jahrhunderts sind stark in Mitleidenschaft gezogen.
Denkmalpflegerisches Ziel ist es, bei der Restaurierung soviel wie nötig und so wenig wie möglich zu tun, um die Originalbestände dauerhaft und möglichst unverfremdet zu erhalten und dem Kirchenraum mit diesem außerordentlich bedeutenden Ausstattungsstück einen Teil seines authentischen Aussehens zurück zugeben.
Kontakt:
Stadt Brandenburg an der Havel
Fachbereich Stadtentwicklung und Bauwesen, Fachgruppe Denkmalschutz
Fachgruppenleiterin Katrin Witt
Telefon: (03381) 58 63 31, Fax: (03381) 58 63 04, E-Mail: katrin.wittstadt-brandenburg.de