Offener Brief „Veranlagung von Straßenbaubeiträgen für Eckgrundstücke“ der „Bürgerinitiative Abwasseranschluß und Straßenbau Klein Kreutz“ an die Oberbürgermeisterin vom 17.01.2012

Pressearchiv - Meldung vom 02.02.2012

Pressemitteilung vom 02.02.2012

Antwort der Oberbürgermeisterin:

Sehr geehrte Damen und Herren,

einleitend möchte ich feststellen, dass die Erhebung von Straßenbaubeiträgen auf der Basis der gültigen Straßenbaubeitragssatzung der Stadt Brandenburg an der Havel erfolgt, welche im Frühjahr 2003 durch die Stadtverordnetenversammlung Brandenburg an der Havel beschlossen wurde. Mir sei wegen der Bezugnahme auf die Amtsführung durch meine Person hier der Hinweis gestattet, dass diese Beschlüsse vor meiner Amtszeit als Oberbürgermeisterin erfolgten.

In dieser Satzung war – anders als in der ersten Straßenbaubeitragsatzung aus dem Jahr 1992 – keine Ermäßigungsklausel für mehrfach erschlossene Grundstücke (also insbesondere Eckgrundstücke) mehr enthalten. Die Entwicklung der Rechtsprechung hatte zwischenzeitig aufgezeigt, dass eine Entlastung der Eigentümer von Eckgrundstücken im Wege einer Mehrbelastung der übrigen beitragspflichtigen Anwohner durch eine Umlage erheblichen rechtlichen Bedenken ausgesetzt ist.

§ 8 Absatz 1 Satz 2 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) bestimmt für die dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wege und Plätze eine Beitragserhebungspflicht (OVG Frankfurt/Oder, Urteil vom 05.10.2001 – 2 D 7/01).

Straßenbaumaßnahmen dürfen – soweit sie einen Beitragstatbestand i. S. v. § 8 Absatz 2 Satz 1 KAG erfüllen – somit nicht ausschließlich über allgemeine Haushaltsmittel (Steuermittel) finanziert werden. Vielmehr ist die Stadt verpflichtet, diejenigen, die einen besonderen Vorteil von der Durchführung der Straßenbaumaßnahme haben, entsprechend dem Satzungswerk der Stadt anteilig zur Refinanzierung der entstandenen Kosten heranzuziehen.

Eine Vergünstigung für Eckgrundstücke (Mehrfacherschließung) würde eher zur Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes führen, als dass Gerechtigkeit geschaffen wird. Eckgrundstücke sind solche Grundstücke, die mit verschiedenen Seiten durch zwei oder mehrere Anlagen erschlossen werden. Die Eckgrundstückssituation erlaubt grundsätzlich die Annahme, dass durch den Ausbau mehrerer Anlagen dem Grundstückseigentümer mehrfach ein wirtschaftlicher Vorteil zugewandt wird, weil der Gebrauchswert der Grundstücke durch die umfassendere verkehrliche Erschließung von mehreren Seiten entsprechend gesteigert wird. Das rechtfertigt die mehrfache Heranziehung zu Beiträgen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 24.06.2008 – 15 A 285/06).

Ob und inwieweit eine Eckgrundstücksermäßigung zu Lasten der anderen Anlieger zulässig ist, beurteilt sich danach, ob diesen Grundstücken aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage ein gleicher oder annähernd gleicher Vorteil wie den anderen Grundstückseigentümern geboten wird. Der Vorteil der hier abgegolten wird, ist der maßnahmebedingte Vorteil, der gerade durch die (nochmalige) Herstellung oder Verbesserung der Anlage entstanden ist. Deshalb mindert die Ecklage eines Grundstücks als solche nicht den Vorteil, der mit dem Straßenbaubeitrag abgegolten wird. Die Gewährung einer Eckgrundstücksvergünstigung zum Nachteil der übrigen Anlieger würde im Verhältnis der Beitragspflichtigen untereinander dem Gebot einer vorteilsbedingten Bemessung des Beitrags widersprechen.

Im Ergebnis würde eine Eckgrundstückvergünstigung wegen der vorgeschriebenen vorteilsbedingten Bemessung des Beitrages vorwiegend zu Lasten des kommunalen Haushalts gehen. Zudem bestehen Zweifel an der Wirksamkeit von Mehrfacherschließungsklauseln, wenn sie zu einer unangemessenen Reduzierung der Beitragspflicht von mehrfach erschlossenen Grundstücken führen.

Abschließend möchte ich Sie über Folgendes in Kenntnis setzen:

In Ihrem Offenen Brief werden gegen meine Person und Mitarbeiter der Stadtverwaltung Brandenburg an der Havel Vorwürfe („sittenwidrige Praxis“, „Tatbestand eines Amtsmissbrauchs“ usw.) erhoben, die geeignet sind oder möglicherweise sogar darauf abzielen, das Ansehen dieser Mitarbeiter sowie auch meiner Person in der Öffentlichkeit herabzuwürdigen. Deswegen sah ich mich veranlasst, mit Schreiben vom 18.01.2012 an die Staatsanwaltschaft Potsdam Strafantrag wegen aller in Betracht kommenden Delikte zu stellen.

Dieser Brief wird den lokalen Medien zur Verfügung gestellt und auf der Internetseite der Stadt Brandenburg an der Havel veröffentlicht.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Dr. Dietlind Tiemann

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