Mit aller Entschiedenheit hat Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann die Vorstellungen der Bundesregierung zurückgewiesen, sich nicht mehr an den Kosten für die Unterkunft und Heizung (KdU) zu beteiligen, die in den Kommunen für die Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II) aufgebracht werden müssen.
„Leider muss ich heute feststellen, dass sich die von mir vor der Einführung des ALG II geäußerten Befürchtungen bewahrheiten und die Kommunen mit den Auswirkungen von Hartz IV allein gelassen werden. Wer die Situation hier vor Ort kennt, der weiß, dass die ohnehin defizitären kommunalen Haushalte keine zusätzlichen Belastungen verkraften. Die Rechnungen und Zahlenspiele, die Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement als Grundlage für seinen Vorschlag auf Absenkung des vereinbarten Bundesanteils an den KdU von 29,1 % auf 0 % für das laufende und das kommende Jahr herangezogen hat, sind nicht nachvollziehbar und realitätsfremd. Auf Kosten einer weiteren Einschränkung unserer kommunalen Handlungsfähigkeit wird in Berlin versucht, über die handwerklichen Fehler hinweg zu täuschen, die im Zusammenhang mit der an sich notwendigen Reform offensichtlich geworden sind. Das ist mit uns nicht machbar!“
Auf der Basis der vor der Hartz-IV-Einführung vorgegebenen Orientierungsdaten hatte die Stadt für das Haushaltsjahr 2005 damit verbundene Belastungen in Höhe von 20,168 Mio € und Entlastungen in Höhe von 7,875 Mio € prognostiziert. Der negative Saldo sollte durch den gesetzlich vereinbarten Bundesanteil bei den KdU sowie die Weiterleitung der Wohn-geldeinsparungen und der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen des Landes an die Kommune ausgeglichen werden und sogar zu einem positiven Saldo führen.
Doch schon in den ersten Monaten des Jahres 2005 zeigte sich, dass die den Kommunen vorgegebenen Ausgangsdaten unrealistisch waren. So betrug die Zahl der Bedarfsgemeinschaften statt der angenommenen 5.200 im Juli 2005 bereits 7.200, was zu erheblich höheren KdU-Kosten geführt hat. Außerdem wurden durch das Land die Sonderbedarfs-Bundeszuweisungen nur zu 90 % an die Kommunen weiter gegeben und auch bei der Weiterleitung der Wohngeldeinsparungen durch das Land musste die Prognose stark nach unten korrigiert werden. Schon vor dem Bekanntwerden der neuen Überlegungen der Bundesregierung zeichnete sich daher für die Stadt Brandenburg an der Havel ab, dass der kommunale Haushalt 2005 in Folge von Hartz IV statt einer Entlastung eine Mehrbelastung von 1,586 Mio € verkraften muss. Wenn nun noch die bisher gezahlten KdU-Bundesanteile zurückgefordert und zukünftig nicht weiter gezahlten würden, dann ist damit zu rechnen, dass der Stadt Brandenburg an der Havel im ersten Jahr der Einführung des ALG II Mehrkosten in Höhe von 7,741 Mio € entstehen werden.
„Ich werde alles dafür tun, dass sowohl der Bund als auch das Land die getroffenen Zusagen einhalten und unsere Stadt von diesen Belastungen frei gestellt wird. Ansonsten sehe ich mich gezwungen, die schon vor Einführung von Hartz IV diskutierte verfassungsrechtliche Prüfung wieder ins Auge zu fassen. Es ist nicht hinnehmbar, dass unserer intensiven Bemühungen zur Konsolidierung unseres Haushaltes untergraben werden und die ohnehin schon engen Handlungsspielräume auf kommunale Ebene noch weiter reduziert werden.“