Kreisfreie Städte bereiten Verfassungsbeschwerden gegen das Land vor

Pressearchiv - Meldung vom 07.09.2011

Pressemitteilung vom 07.09.2011

Land trägt Verantwortung für 120 Mio. EUR Kreditschulden in Brandenburg an der Havel

Am Mittwoch nächster Woche werden sich die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte beim Städte- und Gemeindebund treffen, um sich über die weiteren Schritte zu den geplanten Verfassungsbeschwerden gegen das Land abzustimmen. Nach Angaben von Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann geht es dabei um die mangelhafte Finanzausstattung der Städte einerseits und um den Verstoß gegen das strikte Konnexitätsprinzip bei der Änderung des Kita-Gesetzes andererseits.

Brandenburg an der Havel hat zur Zeit Kredite in Höhe von 150 Mio. EUR. Davon mussten 120 Mio. EUR als Kassenkredit aufgenommen werden, da die laufenden Ausgaben der Stadt nicht von den laufenden Einnahmen gedeckt werden können. Im Wesentlichen ist das nach Angaben der Oberbürgermeisterin und auch Ihrer Kollegen in den anderen kreisfreien Städten auf die unzureichende Finanzierung der gesetzlichen Aufgaben durch das Land zurückzuführen.

Tiemann hat dafür ein weiteres aktuelles Beispiel: „Durch das Kita-Gesetz hat das Land den Betreuungsschlüssel in den Kitas erhöht und beachtet nun bei den Zuweisungen der Kinderkostenpauschale die daraus resultierenden Mehrkosten nicht“, sagte Dietlind Tiemann. Die Landesverfassung sieht mit dem strikten Konnexitätsprinzip in diesen Fällen vor, dass das Land alle Mehrkosten auf kommunaler Ebene auszugleichen hat. Für die Stadt Brandenburg an der Havel belaufen sich diese ungedeckten Mehrkosten auf mindestens 230.000 EUR pro Jahr.
Dietlind Tiemann erklärte dazu: „In allen kreisfreien Städten treten zusätzliche Belastungen auf. Das können wir nicht akzeptieren und da das Land sich erkennbar nicht auf uns zu bewegen wird, bleibt uns nur der Weg der Verfassungsbeschwerde.“
In einem anderen Fall, nämlich gegen das AG-SGB XII, hatten die Kommunen zuletzt bereits erfolgreich gegen das Land geklagt und Recht bekommen.

Parallel dazu bereiten die Städte gemeinsam auch eine Verfassungsbeschwerde gegen das Finanzausgleichsgesetz vor. Die Kommunen erhalten auf Basis dieses Gesetzes jährliche Finanzzuweisungen vom Land, die für eine bedarfsgerechte Finanzierung sorgen sollen.
Die kreisfreien Städte verzeichnen aber dennoch Defizite zwischen den laufenden Einnahmen und Ausgaben, die vor allem auch auf die fehlende Bedarfsermittlung und die mangelhafte Verteilungsgerechtigkeit zurückzuführen sind.

Die Kämmerer der Städte werden sich dazu am Donnerstag dieser Woche treffen, um die nächsten Schritte vorzubereiten. Kämmerer Steffen Scheller kritisiert, dass das Land sich trotz der erkennbaren Disparitäten auf kommunaler Ebene bei der Finanzierung von sozialen Ausgaben einer zeitnahen Untersuchung in der Vergangenheit und auch mit Wirkung für 2011 wiederholt verweigert hat. Das trifft auch auf die nicht gedeckten Ausgaben für die Aufgabenerfüllung in den unteren Landesbehörden zu.

Tiemann zeigte sich enttäuscht über die zögerliche Haltung des Landes in der Frage einer bedarfsgerechten Finanzausstattung der kreisfreien Städte. „Statt einer Debatte über Kreisgebietsreformen und Kreisfreiheit hätte ich mir einen konstruktiven Dialog zur bedarfsgerechten Finanzausstattung der kreisfreien Städte gewünscht“, sagte sie. Die sozialen Ausgaben und die daraus resultierenden Haushaltslücken werden ihrer Ansicht nach durch Strukturveränderungen nicht beseitigt. Unterstützung in dieser Frage hatte Dietlind Tiemann auch durch Äußerungen des Landrats von Potsdam-Mittelmark, Wolfgang Blasig, erhalten.

Tiemann erneuerte ihr Angebot, gemeinsam mit allen politischen Kräften in Brandenburg an der Havel für eine bessere Finanzausstattung der Stadt zu kämpfen. Sie erinnerte dabei an ihre Gesprächseinladung an alle Fraktionsvorsitzenden in der SVV für die nächste Woche.
„Ich würde mir wünschen, dass wir im Rahmen dieses Gespräches zu den Kreisreformplanungen des Landes auch eine Verständigung zum Thema Finanzausstattung erreichen könnten“, sagte Dietlind Tiemann. Sie verwies dabei auf Aussagen des SPD-Unterbezirksvorsitzenden und Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Landtag Brandenburg, Ralf Holzschuher, der noch im Juni öffentlich eingestanden hatte, dass das Land die kreisfreien Städte zu schlecht finanziell ausstatte, ihm aber im Landtag die Kraft für positive Veränderungen fehle.

„Ich bin überzeugt, wenn wir in der Stadt gemeinsam bei diesem Thema einstehen, können wir zusammen mit den anderen kreisfreien Städten eine Verbesserung der Finanzausstattung beim Land erreichen. Ein erster Schritt wäre die Zustimmung der Stadtverordneten, wenn es im Hauptausschuss um eine Verfassungsbeschwerde gegen das Land geht“, erklärte Dietlind Tiemann abschließend.

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