Stadt untersagt die Nutzung als Trinkwasser und geht bei Sanierung in Vorleistung
Am 11.01.2006 ist in Brandenburg an der Havel eine Allgemeinverfügung erlassen worden, die nach ihrem Inkrafttreten zukünftig in einem Teil der Krakauer Vorstadt die Nutzung von Grundwasser für den menschlichen Gebrauch untersagt. „Auf der Grundlage der jetzt vorliegenden und ausgewerteten Untersuchungsergebnisse habe ich mich in Abstimmung mit der Oberbürgermeisterin und nach Konsultation mit den Fachleuten aus verschiedenen Ämtern und Behörden in Wahrnehmung meiner Verantwortung zu dieser Maßnahme entschlossen, um eine Gefährdung der Gesundheit der betroffenen Grundstückseigentümer und -nutzer auszuschließen.“ erklärte der zuständige Beigeordnete Michael Brandt.
Als Ausgangspunkt der Verunreinigungen des Grundwassers ist zweifelsfrei das ehemalige Nordgelände der Potsdamer Chemiehandelsgesellschaft mbH i.L. festgestellt worden. Die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Verpflichtung zur Beseitigung des Schadens und zur Übernahme der entstehenden Kosten durch den Verursacher konnte trotz wiederholter Versuche seitens der Stadt gegenüber dem in Liquidation befindlichen Unternehmen nicht durchgesetzt werden. „Dadurch sahen wir uns bereits vor einigen Jahren veranlasst, die betroffenen Anwohner über die Gefährdungen sowie die eingeschränkte Nutzbarkeit des Grundwassers zu informieren und den Bereich sukzessive an das zentrale Trinkwassernetz anzuschließen. Für die erforderlichen Untersuchungen und Vorplanungen zur Festlegung des optimalen Verfahrens zur Sanierung des Grundwassers ist die Stadt seit Ende 2003 in Vorleistung gegangen und wird allein dafür bis zum Jahresende 2006 ca. 500.000 Euro ausgeben.“
Beigeordneter Michael Brandt unterstrich in diesem Zusammenhang aber, dass es nicht der Stadt allein überlassen bleiben könne, dieses Problem zu lösen und die geschätzten ca. acht Millionen Euro Gesamtkosten für die Sanierungsmaßnahmen aufzubringen. Da bisherige Hilfeersuchen an das Umweltministerium in Potsdam ohne Erfolg geblieben sind, hat sich Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann jetzt schriftlich an die Fraktionen des Landtages mit der Bitte um Unterstützung in dieser Angelegenheit gewandt. Außerdem wurden die aus Brandenburg an der Havel stammenden Mitglieder des Bundes- und Landtages sowie die Stadtverordneten noch einmal über die problematische Situation informiert und um Einflussnahme gebeten.
Die erlassene Allgemeinverfügung tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt für die Stadt Brandenburg an der Havel Nummer 1/2006, das am 17.01.2006 erscheinen wird, in Kraft. Um eine eventuelle Schadstoffaufnahme auszuschließen, wird die Nutzung des über die vorhandenen Brunnen geförderten Grundwassers als Trinkwasser oder in anderem Zusammenhang (z.B. zur Befüllung von Schwimmbecken, zur Körperhygiene oder zum Säubern und Zubereiten von Lebensmitteln) untersagt. Die Gärten dürfen damit zwar weiter bewässert werden, vom Verzehr des geernteten Obstes und Gemüses wird jedoch abgeraten.
Mit Informationsblättern, die von Vertretern des Gesundheitsamtes und des Umweltamtes in diesem Bereich der Stadt verteilt werden, erhalten die betroffenen Grundstückseigentümer und -nutzer genaue Informationen zum richtigen Verhalten. Weitere Informationen zu diesem Thema sind im Internet unter www.stadt-brandenburg.de zu finden. Bürgerinnen und Bürger, die konkrete Fragen haben, können sich direkt an das Amt für Umwelt- und Naturschutz wenden (Uta Wernitz, Telefon: (03381) 58 31 08)
Beiblatt zur Presseinformation mit Zusatzinformationen
Wo liegen die Ursachen und wer ist verantwortlich für die Verunreinigungen des Grundwassers?
Das ehemalige Nordgelände der Potsdamer Chemiehandelsgesellschaft mbH i. L. befindet sich östlich des Beetzsees in der Krakauer Vorstadt von Brandenburg an der Havel. Dort wurde überwiegend mit flüssigen Lösungs- und Holzschutzmitteln umgegangen. Im Betriebszeitraum von 1957 bis 1968 kam es auf dem Betriebsgelände zu Verunreinigungen des Bodens und des Grundwassers. Das Gelände liegt heute brach.
Welches Ausmaß hat die Grundwasserbelastung?
Die Lösungs- und Holzschutzmittel breiten sich in gelöster Form mit dem Grundwasser aus. Die Verunreinigung des Grundwassers lässt sich bis zum Beetzsee nachweisen. Auch nach langjährigen Beprobungen und Untersuchungen, die erstmals 1991 durchgeführt wurden, ist keine Verbesserung der Grundwasserbeschaffenheit erkennbar. Die 2004 und 2005 durchgeführten Sanierungsuntersuchungen belegen ein über 700 m langes und bis zu 240 m breites Areal, das durch eine unterschiedlich starke Grundwasserverunreinigung geprägt ist.
Welches Gebiet ist von der Allgemeinverfügung erfasst?
Im Ergebnis von Prognoserechnungen wurde ein Gebiet ausgewiesen, für das eine Nutzungsbeschränkung verfügt werden musste, da im betroffenen Areal Kleingärten, Wochenendhäuser und Eigenheime vorhanden sind und wo bei einer Nutzung des belasteten Grundwassers eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit auftreten kann.
Was soll mit der Allgemeinverfügung erreicht werden und was wird untersagt?
Die nachhaltige Schädigung des Grundwassers wird durch die Allgemeinverfügung nicht beseitigt. Sie dient lediglich der Abwendung der Gefahr für die Gesundheit der Menschen, die von der Verwendung des Grundwassers ausgehen kann. Mit dem Erlass der Allgemeinverfügung gegenüber den betroffenen Grundstücksnutzern wird die Nutzung des Grundwassers
- zum Trinken und Kochen,
- zur Zubereitung von Speisen und Getränken,
- zur Körperreinigung und -pflege,
- zur Reinigung von Gegenständen, die bestimmungsgemäß mit Lebensmitteln in Berührung kommen können und
- zur Befüllung von Badebecken und Swimmingpools
untersagt. Die Betroffenen setzen sich der Gefährdung ihrer Gesundheit aus, wenn die Allgemeinverfügung nicht befolgt wird und das über die vorhandenen Brunnen geförderte Grundwasser für die genannten Zwecke weiterhin genutzt wird.
Welche Möglichkeiten zur Sanierung des Grundwassers bestehen?
Zur Klärung der Möglichkeit der Verbesserung der Grundwasserbeschaffenheit und der Eindämmung der Ausbreitung der Schadstoffe erfolgte auf der Grundlage der vorliegenden Untersuchungen ein Variantenvergleich mit Bewertung verschiedener Sanierungsverfahren. Das Ziel des Variantenvergleiches bestand in der Auswahl des optimalen Sanierungsverfahrens. Eine Sanierung würde ca. acht Jahre dauern und ca. 8. Millionen Euro kosten. Die Finanzierung ist nicht geklärt. Die Stadt Brandenburg an der Havel bemüht sich um eine Hilfe des Landes Brandenburg.