Als Auftakt für eine kleine Artikel-Serie über den Jubilar, der vom 23. bis zum 25. August seinen 700. Geburtstag feiert, werden markante Daten und interessante Fakten aus der Ortschronik vorgestellt.
Verschiedene archäologische Funde belegen, dass die am Südrand der Havel-Emster-Niederung gelegene Gemarkung Wust bereits in vor- und frühgeschichtlicher Zeit besiedelt war. Als typisches märkisches Straßendorf entstand Wust an seinem heutigen Platz im 13. Jahrhundert. Experten gehen davon aus, dass der Ortsname slawischen Ursprungs ist und vom altpolabischen „vost“ (Distel) stammt. Vom Namen her ist Wust also „der Ort, wo Disteln wachsen“.
Erstmals urkundlich erwähnt wurde Wust vor 700 Jahren. In einer auf den 22. August 1324 datierten Urkunde bestätigte Markgraf Ludwig, dass das Dorf „Wuest“ zusammen mit fünf anderen Orten eine Steuer (Bede) an die Neustadt Brandenburg zu zahlen habe. 34 Jahre danach übertrug er alle seine Einkünfte und Rechte in der „villa Wust“ dem neustädtischen Heiliggeistspital St. Spiritus und dem Kloster der schwarzen Mönche. Nachdem letzteres später dem Rat der Neustadt Brandenburg geschenkt wurde, mussten die Abgaben aus Wust dorthin geleistet werden – und zwar bis ins Jahr 1714.
Die Neustadt Brandenburg war auch Patron der Wuster Kirche, die 1459 erstmals genannt wird. Es gab kein Pastorenhaus und keinen Pfarrer im Ort. Im Jahre 1881 wurde die alte Wuster Kirche abgetragen und an deren Stelle eine neue erbaut. Der Kirchturm wurde auf dem Unterteil des alten Kirchturms errichtet.
Von einem Schulmeister ist in der Ortschronik zum ersten Mal im Jahre 1667 die Rede. Das erste Schulhaus entstand 1793. Dieses Gebäude wurde 111 Jahre später durch ein neues ersetzt, das dann bis 1961 als Schule genutzt wurde und heute Dorfbegegnungsstätte ist.
Wust war über Jahrhunderte von der Landwirtschaft geprägt. Die Höfe wurden von Bauern und auch sogenannten Kossäten bewirtschaftet. Das waren Dorfbewohner, die ein kleines Haus (Kate) und etwas Land besaßen. Ihr kleiner Acker reichte aber nicht zur eigenen Versorgung, weshalb sie zusätzlich auf den großen Bauernhöfen arbeiten mussten. Neben der Landwirtschaft prägten Ende des 19. Jahrhunderts auch die Schifferei, der Torfabbau und zwei Ziegeleien das Wirtschafts- und Sozialgepräge des Ortes. Anfang des 20. Jahrhunderts lebten in Wust ca. 500 Einwohner, von denen über 100 in den Fabriken der nahegelegenen Industriestadt tätig waren.
Im Sommer 1914 wurde Wust an das elektrische Überlandleitungsnetz angeschlossen. Während des 1. Weltkrieges wurden die beiden großen Kirchenglocken beschlagnahmt. Nach dem Krieg wurde in vielen Dörfern der Gegend Freiwillige Feuerwehren gegründet. In Wust geschah dies am 7. Oktober 1922. Das Gerätehaus entstand 1960 im Nationalen Aufbauwerk und wird heute noch genutzt.
Im Jahre 1953 wurde in Wust die erste LPG gegründet. 1960 hatte diese 64 Mitglieder und 512 ha Land und wurde 1974 mit der LPG Gollwitz zur Tierproduktion Wust-Gollwitz zusammengeschlossen. Nachfolger wurde nach der Wende die Agrargenossenschaft Gollwitz. Heute gibt es im Ort einen bäuerlichen Betrieb.
1992 wurde auf dem Territorium der Gemeinde das Brandenburger Einkaufszentrum fertiggestellt. Es folgten u.a. ein Baumarkt, eine Disco mit Bowlingbahn, eine Go-Cart-Bahn, ein Kino und ein Sportzentrum, von denen nicht mehr alle existieren.
Vom 1. Januar 1993 an gehörte die Gemeinde Wust zum Amt Emster-Havel. Im Zuge der Gemeindegebietsreform wurde Wust im Oktober 2003 per Gesetz in die Stadt Brandenburg an der Havel eingemeindet.
Von 2012 bis 2014 wurde der Kirchturm mit Fördermitteln umfassend saniert. Ebenfalls gefördert wurde der von Mitte Mai 2019 bis Ende Februar 2020 dauernde Umbau des Erdgeschosses der alten Schule, wo sich in zwei einzeln und gemeinsam nutzbaren Räumen die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr zu Ausbildungszwecken und Versammlungen treffen, die Bewohnerinnen und Bewohner des Ortsteils verschiedene Veranstaltungsangebote nutzen und der Ortsbeirat tagt.
Am 23.02.2024 erhielt Wust zum ersten Mal in seiner 700- jährigen Geschichte ein Ortswappen. Es soll zukünftig von Vereinen, Verbänden und Organisationen für Aktivitäten des Ortsteils verwendet werden. Doch dazu an dieser Stelle mehr in einem der nächsten Beiträge zum 700. Geburtstag von Wust.
Autorin: Carola Brüggemann, Festkomitee „700 Jahre Wust“
Textquellen: Festschrift 675 Jahre Gemeinde Wust, Hg.: Gemeinde Wust, Idee, Text und Gestaltung: Gesellschaft für Arbeitsförderung, Beschäftigung und Strukturentwicklung Brandenburg mbH (1997); Udo Geiseler und Klaus Heß (Hg.), Brandenburg an der Havel – Lexikon zur Stadtgeschichte, Lukas Verlag (2008); Sebastian Kinder und Haik Thomas Porada (Hg.), Brandenburg an der Havel und Umgebung – Landschaften in Deutschland – Werte der Deutschen Heimat, Band 69, Böhlau Verlag, Köln / Weimar / Wien (2006).