Die Erscheinung – Anneliese Kuhk & Uwe Sernow-Rose

Die Erscheinung – Anneliese Kuhk & Uwe Sernow-Rose

Vernissage: Freitag, 18. November 2022, 18 Uhr, Eröffnungsrede: Christian Kneisel musikalische Begleitung: Tilman Hintze

Zeitraum: 19.11.-18.12.2022

Termine: BRENNABOR_LAB präsentiert:

Samstag, 26. November 2022, 19 Uhr: TWIRLS mit Alexander Beierbach (Saxophon) und Nicolas Schulze (Fender Rhodes Piano) visuelle Begleitung: Anja Thurm

Samstag, 10. Dezember 2022, 19 Uhr: Fusion Total – RHYTHMELEKTRO Elektronische, experimentelle, rhythmische und tanzbare Musik mit Matthias Kriesel und Thomas Krause
visuelle Begleitung: Anja Thurm

Samstag, 17. Dezember 2022, 18 Uhr: Baden im schwarzen Wasser Texte und Songs der Wilden Zwanziger Jahre, des Dadaismus und Surrealismus. Musikalische Lesunge mit
Reglindis Rauca und Christian Pross Eigene und fremde Texte, Improvisationen mit Gesang, Piano, Gitarre und Saxophon.

 

 

Ein Kreis schließt sich: In der vielbeachteten, 2011 in der Kunsthalle Brennabor gezeigten AusstellungAnneliese Kuhk DIE SANFTE SURREALISTIN Retrospektive 1913-2001 & Uwe Sernow-Rose-NEUE ARBEITENkonnte nur eine begrenzte AuswahldesumfangreichenWerks einer Ausnahmekünstlerin, nur eine eingeschränkte Zahl vonSkulpturen des Metallbildhauer Uwe Sernow-Rose, dergemeinsam mit seiner Frau ClaudiadenNachlassseiner Mentorin Anneliese Kuhkliebevoll und kenntnisreich verwaltetund pflegt, gezeigt werden. Schon damals konnte und musste eine Folgeexposition verabredet werden. Jetzt ist es endlich soweit: Noch nie ausgestellte wie zuletztvor 30, 40, 50Jahrengezeigte Bilder und Collagen der Kuhk und aktuell von Sernow-RoseGeschmiedetes, Gehauenes, Geschweißteswerden in Brandenburg an der Havelpräsentiert.

Anneliese Kuhk, geboren am 4.4. 1913,hat in den über sechzig Jahren ihrer Schaffenszeit verschiedene künstlerische Wege beschritten.Als sie 1936nach Berlin kommt,sich vollFreude in das Großstadtleben stürzt, hat sie gerade die Kunstgewerbeschule inStettin absolviert.In den Kreisen, in denenAnneliese Kuhk, genannt Kuki,sich bewegt,in denen man anders, auf gar keinen Fall bürgerlich sein will, wird der Nationalsozialismus belächeltund abgelehnt.Bewegungstanz, freieLiebe, Kinder ohne Trauschein-das sind einigeSelbstbehauptungender Bohemiens. Doch letztlich bleibt für die Künstlerinnur die innere Emigration.Die Möglichkeit eines Protestes auf politischer Ebene, echter Widerstand, das liegt für die realitätsferne junge Frau außerhalb ihres Vorstellungsvermögens! Kuki hat in den 30er und 40er Jahren gestickt und gewebt, zahlreicheParamente, Stadtansichten und Gobelins gefertigt.KuhkserstebildkünstlerischeWerkeaus den50er Jahren zeugen von den Einflüssen der Kubisten, der Bauhaus-Schuleund der Surrealisten. Aber schon 1953 kommt sie zu eigenständigen Kompositionen: Feine Federzeichnungen, bei denen sie die Farben in kleinsten Flächen so nebeneinander setzt, dass Mosaikstrukturen entstehen.Ende der 50er Jahre wechselt sie zu kleineren Formaten,Wachskreidebildern mit geritzten und gespritzten Mustern.In den 60er Jahren entstehen Ölbilder von abstrakten Häuserfassaden,Spiegelungen und Stadtlichtern. Es folgen Serien mit Figurengruppen. Sie stellt aus in den führenden Galerien Westberlin – Galerie Bremer, Galerie Springer und Galerie Hammer. In den50er und 60er JahrenfertigtKukigroße Wandbilderund riesige Mosaike in Schwimmbädern, Krankenhäusern, Schwesternheimen und Bibliotheken. Sie war gut im Geschäft,als sie 1963den Journalisten, Schriftsteller,politischen Aktivisten Michael Stone, ihre große Liebe,
kennenlernt. In den 70er/80er Jahren beschäftigt sie sich mit Bleistift- bzw. Federzeichnungen.U.a. inAusstellungen in Kanada und Großbritannien werden diese Seriengezeigt. Daneben arbeitet sie an Ölbildern mit politischen Aussagen,experimentiert mit gekratzter Pastellkreide und
verlaufener Plakafarbe. In den 80er Jahren übernimmt Anneliese Kuhk Collage-und Montage-Techniken, diesie beiihren Freundinnen Unica Zürn und Hannah Höch
kennengelernt hat. Sie arrangiert Farbschnipsel aus Zeitschriften und Zeitungen zu Collagen, die sie dann überzeichnet oder übermalt. Es entstehen interpretationsreiche Arbeiten von ästhetischer Farbigkeit und Leichtigkeit. Etlichedieser Collagensetzt sie in große Ölbilder um. Daneben entstehen große Ölbilder,viele Kreide-,Feder-, Bleistift- und Kohlezeichnungen und weitere Collagen.In den 90er Jahren arbeitet Kuki an Ölgemälden,die wieder abstrakter ausfallen. Ihr Ehemann Michael Stone verstirbt unerwartet 1993. Erschüttert und tieftraurig bleibt Kuki zurück. Nie hätte sie damit gerechnet,dass sie ihren zehn Jahre jüngeren Ehemann überleben würde. Nach einiger Zeit
verschlechtert sich ihr geistiger Zustand rapide, so dass sie nicht mehr arbeiten kann. Anneliese Kuhk verstirbt am 16.8.2001 in Berlin mit 88 Jahren. Von der Kunstkritik wurde die Künstlerin als „sanfte Surrealistin“ bezeichnet. Das trifft sicher auf einen Großteil ihrer Bilder zu. Das Gesamtwerk ist jedoch zuvielfältig und unterschiedlich, als dass man sie auf eine Stilrichtung festlegen könnte.

Uwe Sernow-Rose, 1950 in Berlin geboren, ist Autodidakt in Sachen Kunst. Er hat eine Lehre als Heizungs-und Kesselbauer absolviert, bevor er 30 Jahre lang bei der Berliner Feuerwehr tätig war. Zur Kunst gelangte er mit 19 Jahren durch Anneliese Kuhk. Er assistierte ihr bei der Ausführung ihrer Fassadenmosaike. Durch den ständigen Austausch mit der Künstlerin schulte er sein Gefühl für Proportionen, sein Auge für bildnerisches Gestalten. Anneliese Kuhk ermutigte ihn, selber Kunst zu schaffen. Die freie, assoziative Herangehensweise hat er von ihr gelernt. Nur das seine Kunstwerke überwiegend aus technischen oder industriell vorgefertigten Metallfragmenten bestehen. So unternimmt erseit 1988 Streifzüge zu den Schrottplätzen seiner Umgebung. Er sucht Metallstücke, die ihn aufgrund ihrer Form, Farbe oder ihrer Oberflächenstruktur zu neuen Kunstwerken inspirieren.Diese Teile bearbeitet er in vielfacher Weise oder setzt sie roh und unbehandelt ein. Hierbei fällt der Kombination, der Montage, die eigentliche Aufgabe des Neuerschaffens zu. Es entstehen aus gefundenen Fragmenten durch Bearbeitung und Gestaltung eigenständige Kunstwerke mit neuer inhaltlicher und formaler Aussage. Kurz gesagt: Sernow-Roseschafft aus Schrott Kunst!
Seine Werke zeigen alle eine starke Reduktion auf geometrische Grundformen, eine klare Gliederung, eine übersichtliche Linienführung sowie eine abstrahierende Gestaltung. Auch fordern seine Arbeiten zum Umschreiten auf und zeigen aus verschiedenen Blickwinkeln neue Ansichten. Ob die Arbeiten schwer undkompakt oder filigran und leicht erscheinen,
allen liegt das Prinzip desAusgleichs zugrunde.Der Künstler erzeugt durch unterschiedliche Färbungen der Metalle wie durch verschiedene Oberflächenstruktureneine Spannung, die er wieder zum Ausgleich bringt. Uwe Sernow-Rose darfbei allerkünstlerischen Autonomie und kreativen Originalitäthier und daimmer noch alsderkongenialeundim besten Sinne eigensinnige, stets mit großer Zuneigung und noch mehr Respektarbeitende Übersetzer Kuhkscher Werke ins Dreidimensionale bezeichnet werden.So entstehen gewichtige, dem Neuen und Unwägbaren
geschuldeteTraditionen.

Das Team der Kunsthalle Brennabor ist dankbar, stolz und glücklich, Ihnen eine Meisterin und ihren längst selber zum Meister gereiften Schüler vorstellen zu dürfen.

Christian Kneisel

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