St. Johanniskirche

Fast alle größeren Städte hatten in ihren Mauern die Niederlassung eines Bettelordens. Die Franziskaner zogen nach 1237 in die Altstadt Brandenburg und begannen um die Mitte des 13. Jhs. mit dem Bau ihres Klosters. Der Platz am Südende der Stadt, am Fluss und dicht am wichtigen Havelübergang, war ideal. Ab 1250 entstand die einschiffige frühgotische Kirche mit geradem Ostabschluss. Der betont schlichte Backsteinsaal war von einer Reihe lanzettartiger Fenster belichtet, der Innenraum wahrscheinlich mit einer hölzernen Tonne überdeckt. Die Klausur lag südlich der Kirche. Als provisorisches Kloster mag zunächst ein hölzerner Flügelbau gedient haben, ehe man etwa in der Mitte der Kirche einen steinernen Bau errichtete. Das Ensemble muss gegen 1300 einem Brand zum Opfer gefallen sein.

Danach hat man die Kirche über den alten Umfassungsmauern zum hochgotischen gewölbten Kirchensaal ausgebaut, der mit höchstem Aufwand dekoriert wurde. So gibt es in der Nordwand ein in seiner Art einmaliges Rosettenfenster mit Maßwerk aus Ziegelton. 1411/20 fügte man den gotischen Laternenchor an. Nördlich erweiterte man gegen Ende des 15. Jhs. die Kirche um einen Anbau. Im Süden entstand eine große Klausuranlage mit zwei Klosterhöfen, die 1441 geweiht wurde.

Nach der Reformation ging das Kloster in städtischen Besitz über und wurde als Spital, später teilweise als Brauhaus genutzt. 1865 hat man die Klausurbauten abgebrochen und an ihrer Stelle die Saldria, eine höhere Schule, errichtet. Die Kirche, die immer unter Baugrundproblemen und Setzungen gelitten hatte, wurde Mitte des 19. Jhs. nochmals saniert. Bei einem Bombentreffer 1945 wurde das westliche Joch zerstört, die Reste des Daches stürzten 1986 ins Kirchenschiff. Anlässlich der Bundesgartenschau 2015 hat man die alte Dachform rekonstruiert und die offene Westfassade mit einer Glaswand geschlossen, das Innere aber bewusst im ruinösen Zustand belassen. In den vermauerten Nischen des Chores konnten gut erhaltene, höchst qualitätvolle Malereien aus der Mitte des 15. Jhs. freigelegt werden.
 

Restaurierung der St. Johanniskirche

Auf Morast gegründet, verlor die Kirche früh ihre Gewölbe. Restauriert als Kirche der Refugiés 1787 und 1850, vernichtete ein Bombentreffer 1945 das westliche Joch und die Westmauer. Das Dach stürzte im August 1986 ein.

Bis 1991 war die Franziskanerkirche St. Johannis akut einsturzgefährdet und wurde daher 1992 notgesichert. 2007/08 folgte die Stabilisierung der Ruine. 2010 bis 2014 fand die Wiederherstellung als gestaltete Ruine mit neuer gläserner Westfassade und mittelalterlicher Dachkubatur statt, die eine vorübergehende Nutzung als Blumenhalle für die Bundesgartenschau 2015 ermöglichte.

Zeitraffer der Restaurierungsarbeiten an der St. Johanniskirche

Video: Zeitraffer der Restaurierungsarbeiten an der St. Johanniskirche 2012-2015

Die Chornischen

Im Zuge der Sanierung der St. Johanniskirche zur BUGA 2015 wurde die nördliche Chornische geöffnet und der spätmittelalterliche Zugang zur Sakristei wiederhergestellt. Dabei wurden mittelalterliche Wandmalereien entdeckt, die 2013 von Susanne Nitsch vollständig freigelegt und konserviert werden konnten. Die Rücklage der Nische zeigt eine „Marienkrönung zwischen Engeln“. Die Laibung der Nische ist durch florale Ornamente gestaltet.

Endoskopische Untersuchungen der übrigen vermauerten Chornischen ließen auch hier farbige Wandmalereien hinter der Vermauerung vermuten. Angesichts des langjährigen Verfalls der Kirche und fehlender Hinweise auf ein repräsentatives Bildprogramm in den Chornischen war dies eine aufsehenerregende Entdeckung. Die Freilegung dieser fast 600 Jahre alten Malereien konnte aus Kosten- und Zeitgründen nicht mehr im Rahmen der Kirchensanierung durchgeführt werden und sollte daher nach der BUGA sukzessive mit Hilfe von Spenden und Sponsoren erfolgen.

Die Öffnung der II. und III. Nische in den Jahren 2016 und 2017 wurde Dank außergewöhnlich hoher privater Spendenbereitschaft möglich. Die aufgedeckte und konservierte mittelalterliche Darstellung des Weltenrichters und Johannes des Täufers mit Stiftern bereichern seitdem den Chorraum.

Chornische V

Eine weitere, die Chornische V, konnte Dank einer Zuwendung des Landes und privater Spenden 2018 freigelegt werden.

Hier wurde anstelle des erwarteten Wandbildes überraschend ein aufwändig gestaltetes barockes Sandsteinepitaph von J.B. Gärtner für Johan Christof Vierthaler (geb. 18.10.1660, gest. 19.02.1740) und seine Frau Clara Strahlin (geb. 02.10.1667, gest. 15.01.1747), einem Brandenburger Ehepaar von gesellschaftlichem Rang, angetroffen. Das Epitaph wurde um 1740 unter Beimauerung und Ausrundung der Laibungen in die Chornische eingestellt und stellt eine Besonderheit unter den Nischen dar.

Auch hier haben sich oberhalb des Epitaphs Reste der mittelalterlichen Nischenausmalung sichtbar erhalten, die denkmalpflegerische Entscheidung fiel jedoch zugunsten des überwiegend barocken Bestandes. Hierfür wurde 2018 zunächst die mittelalterliche Malerei gesichert und konserviert sowie die barocke Vorhangmalerei der Rundnische restauratorisch behandelt.

Wie die restauratorische Untersuchung durch Susanne Nitsch ergab, ist das Epitaph polychrom bemalt, teilweise vergoldet. Auf der barocken polychromen Fassung liegt jedoch großflächig eine monochrome weiße Farbschicht auf. Die barocke Farbigkeit ist sehr farbintensiv und reicht von Weiß, Gelbocker, Orange, Rot, Rosa über Grün und Hellblau hin zu Hellbraun und Schwarz. Die Krone, der Strahlenkranz und die gesamte Inschrift sowie einige florale Ornamente wurden durch Vergoldung hervorgehoben.

Das Epitaph für Johan Christopf Vierthaler und seine Ehefrau Clara Strahlin schuf der Bildhauer Johann Bernhard Gärtner. Die reich geschmückte Schriftkartusche ist von Symbolen der Vergänglichkeit umgeben, ihren oberen Abschluss bildet eine Strahlengloriole mit dem Symbol der Trinität, die Seiten schmücken Blütengehänge. Das Epitaph zeichnet sich unter den barocken Epitaphien im Land Brandenburg durch seine erhaltene barocke Erstfassung aus, die zwar im Laufe der Zeit monochrom überfasst, jedoch nicht durch restauratorische Eingriffe verändert wurde.

Sein Zustand erforderte 2018/19 eine sorgfältige Steinkonservierung und Restaurierung. Aufgrund der Fragilität der abgängigen Malschichten war die behutsame Freilegung sehr aufwändig und kostenintensiv.

Die Konservierung und Restaurierung der Wandfassung und des Epitaphs wurden durch die Zuwendung von Denkmalmitteln des Landes, privater Spenden und dreier Benefizkonzerte unterstützt.

Die 2020 begonnene Freilegung der polychromen, teilweise vergoldeten Fassung ermöglichte eine großzügige Zuwendung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung* und der Mittelbrandenburgischen Sparkasse. Aufgrund der sehr hohen Fragilität der Malschichten, die sich erst bei den restauratorischen Arbeiten zur Freilegung und Konservierung in ihrem tatsächlichen Ausmaß herausstellte, war der Arbeitsaufwand jedoch deutlich höher, als ursprünglich angenommen. Dank wiederholter Förderung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Mittelbrandenburgischen Sparkasse konnte schließlich die Originalmalschicht in Gänze gerettet und die erhaltene barocke Erstfassung des Epitaphs freigelegt, konserviert und restauriert werden.

*„Bewahren, Stärken, Begeistern.“ Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung fördert in diesem Sinne seit 1996 Kunst, Kultur und Denkmalpflege. Die Stiftung ist ein Gemeinschaftswerk aller Mitgliedssparkassen des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV) in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Insgesamt 2.410 Projekte wurden zusammen mit den heute 43 OSV-Sparkassen gefördert, begleitet und selbst realisiert. Dafür standen über 108 Millionen Euro aus den Vermögenserträgen, dem überörtlichen Zweckertrag des PS-Lotterie-Sparens sowie den projektbezogenen Zusatzspenden der Sparkassen und ihrer Verbundunternehmen zur Verfügung. Davon wurde allein im Land Brandenburg für 606 Projekte eine Gesamtsumme von rund 23 Millionen Euro bereitgestellt. Die Sparkassenorganisation ist eine der größten nicht-staatlichen Kulturförderer in Deutschland.

Fertigstellung im Jahr 2022

Nur durch die überaus dankenswerte Großzügigkeit und das gemeinsame Engagement aller UnterstützerInnen waren die Vielzahl denkmalpflegerischer und restauratorischer Herausforderungen zu meistern, so dass die 2011 begonnene Freilegung und Restaurierung der Chornischen in diesem Jahr erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Die mittelalterlichen Wandbilder, das Epitaph mit seiner barocken Farbfassung und die freigelegten hochgotischen Baubefunde bereichern den Chorraum der St. Johanniskirche heute in großartiger Weise und begeistern als außergewöhnlich interessanter Kunstschatz sowohl in kunsthistorischer als auch stadtgeschichtlicher Hinsicht.

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