Landesverfassungsgericht gibt Klage von Kommunen und Landkreisen gegen Vorschriften des Finanzausgleichsgesetzes statt
Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat am 15.12.2008 über die im Dezember 2007 gemeinsam von den kreisfreien Städten Brandenburg an der Havel und Frankfurt/Oder sowie den beiden Landkreisen Barnim und Ostprignitz-Ruppin vor dem Verfassungsgericht des Landes Brandenburg erhobene kommunale Verfassungsbeschwerde entschieden.
Die kreisfreien Städte und Landkreise hatten gegen die ab dem 01.01.2007 geltenden Vorschriften des Finanzausgleichsgesetzes (BbgFAG) und des Landes-Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (AG-SGB XII) geklagt. Streitgegenstand waren hierbei die Finanzierungsregelungen des Landes für die Aufgabenerfüllung nach dem SGB XII, insbesondere für die kostenintensiven stationären Leistungen im Bereich der Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege.
Mit seiner Entscheidung vom 15.12.2008 hat das Landesverfassungsgericht die Rechtsauffassung der Kommunen bestätigt, wonach es sich nicht um eine Aufgabenübertragung des Bundes, sondern des Landes handelte und das ab 01.01.2007 geltende Finanzierungssystem unvereinbar mit Artikel 93 Absatz 3 der Landesverfassung ist.
Das Land vertrat im Vorfeld und während des Verfahrens die Rechtsauffassung, dass die kreisfreien Städte und Landkreise für die Aufgabenerfüllung aufgrund Bundesrechts zuständig sind und gewährte ab 01.01.2007 lediglich einen leistungs- und finanzkraftabhängigen allgemeinen Finanzausgleich nach Maßgabe der Schlüsselzuweisungen. Dieser bemisst sich weitgehend nach der jeweiligen Einwohnerzahl.
Die beschwerdeführenden Kommunen und Landkreise vertraten demgegenüber die Auffassung, dass sie nicht aufgrund Bundesrechts, sondern aufgrund Landesrechts zuständig sind und das Land daher bezüglich der Deckung der Kosten für die erforderliche Aufgabenerfüllung das sogenannte strikte Konnexitätsprinzip des Artikel 97 Absatz 3 der Landesverfassung des Landes Brandenburg zu beachten habe. Das strikte Konnexitätsprinzip, das nicht bei Aufgabenübertragungen durch den Bund, sondern nur bei solchen durch das Land Anwendung findet, beinhaltet, dass, wenn die Gemeinden durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zur Erfüllung neuer öffentlicher Aufgaben verpflichtet werden, Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen sind. Bei einer Mehrbelastung der Gemeinden ist ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.
Die Stadt Brandenburg an der Havel und die anderen Beschwerdeführer strebten durch die eingelegte Verfassungsbeschwerde eine Änderung des Finanz-Verteilungssystems an, nämlich eine finanzkraftunabhängige Kostenerstattung, die den jeweiligen konkreten aufgabenspezifischen Belastungen der Kommunen vor Ort gerecht wird. Denn die Kostenbelastung ist nicht nur von der Einwohnerzahl, sondern von anderen Faktoren abhängig (z.B. den Hilfefallzahlen und Kostenbelastungen vor Ort).
Aufgrund der mit dem Urteil verbundenen Konsequenzen muss das Land sein bisheriges Finanzierungssystem ändern und spätestens zum Haushaltsjahr 2010 eine neue Regelung zur Kostenerstattung treffen.
Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann: „Wir freuen uns natürlich einerseits darüber, dass das Landesverfassungsgericht unserer Beschwerde stattgegeben hat und wir uns gemeinsam mit den anderen Städten und Landkreisen gegen die ungenügende Finanzausstattung des Landes zur Wehr setzen konnten. Da die vom Gericht geforderte Neuregelung jedoch voraussichtlich erst im Haushaltsjahr 2010 in Kraft treten wird, müssen wir aber die zu erwartenden Mehrbelastungen für die Jahre 2007 bis 2009 in Höhe von mindestens 2,5 Millionen Euro aus dem kommunalen Haushalt tragen, was unseren ohnehin schon sehr begrenzten finanziellen Handlungsspielraum weiter einengt.“