Die Auszeichnung der Jakobskapelle in Brandenburg an der Havel stellt den Jahresauftakt der Aktion „Denkmal des Monats“ der AG „Städte mit historischen Stadtkernen“ des Landes Brandenburg dar. Wie bereits 2004 lehnt sich die Arbeitsgemeinschaft dabei an das Motto der Kulturlandkampagne des Landes Brandenburg an, welche 2005 dem Thema „Der Himmel auf Erden. 1000 Jahre Christentum in Brandenburg“ gewidmet ist. Dementsprechend erfahren Stadtkirchen und ausgewählte Objekte, die mit der Kirchengeschichte in engem Zusammenhang stehen, eine besondere Würdigung.
Bei der Festveranstaltung zur Auszeichnung der Jakobskapelle, im Brandenburger Volksmund auch „Verrückte Kapelle“ genannt, konnte Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann am 19.01.2005 Vertreter des Kuratoriums der Stiftung Wredow´sche Zeichenschule und den Geschäftsführer der Stiftung sowie Künstler, Lehrer und Schüler der Zeichenschule begrüßen. Außerdem befanden sich unter den zahlreichen interessierten Gästen die Bürgermeister aus Treuenbrietzen und Beelitz sowie eine Vertreterin der Geschäftsstelle der AG historische Stadtkerne sowie Architekten, Restauratoren, Vertreter von Baubetrieben und Sponsoren, die in den vergangenen Jahren die umfangreichen Sanierungsarbeiten an der Kapelle unterstützt haben.
Die Auszeichnungsveranstaltung wurde durch ein Programm von Schülerinnen und Schülern der benachbarten Theodor-Fontane-Grundschule umrahmt, das den Gästen die Herkunft des Beinamens „Verrückte Kapelle“ eindrucksvoll vor Augen führen. Die Stiftung Wredow’sche Zeichenschule, seit 2000 Eigentümerin des kleinen Kirchenbaus, öffnete nicht nur die Kapelle zur Besichtigung, auch die künstlerische Arbeit der Zeichenschule wurde in einer großen Jahresausstellung präsentiert.
Informationen zur Jakobskapelle:
Ursprünglich gehörte die Jakobskapelle zum gleichnamigen Jakobshospital, das 1315 gegründet, rund 500 Meter vor der Brandenburger Neustadt an der Ausfallstraße nach Magdeburg lag. Urkundlich wird sie erstmalig 1349 erwähnt, als „Kapelle des heiligen Jakobus außerhalb der Mauern bei den Kranken“. An den rechteckigen Ursprungsbau der Zeit um 1320 wurde im 15. Jahrhundert ein achteckiger Glockenturm angefügt. Ostgiebel und Westturm zeigen eine schlichte Gliederung durch gotische Spitzbogenblenden. Der tonnengewölbte Innenraum ist über eine Spitzbogenpforte auf der Nordseite zugänglich. In den Ostgiebel war eine als Terrakottarelief ausgeführte mittelalterliche Kreuzigungsgruppe von hohem künstlerischen Wert eingelassen. Das Original befindet sich zur Zeit in Restaurierung und wird zukünftig geschützt im Inneren der Kapelle ausgestellt.
Die Jakobskapelle lag zwischen Hospitalgebäude und zugehörigem Friedhof, der möglicherweise zeitweilig auch als Pestfriedhof genutzt wurde. Einst auf freiem Feld errichtet wurde die Jakobskapelle mit der Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts allmählich ins Stadtgebiet einbezogen. Zunehmende Bebauung und anwachsender Verkehr führten dazu, dass die Brandenburger Stadtverordneten 1892 einen Neubau der hölzernen Brücke über den Jakobsgraben und eine Begradigung der Jakobsstraße beschlossen, die bis dahin um die Jakobskapelle herum führte. Da ein Abbruch und Wiederaufbau des mittelalterlichen Bauwerkes an anderer Stelle aus denkmalpflegerischen Gründen nicht in Betracht kam, entschied man sich für eine Verschiebung der Jakobskapelle um 11 Meter nach Westen. Mit der Planung und Oberbauleitung des Vorhabens wurde Stadtbaurat Albert Krzyzagorski betraut. Er entwickelte eine Holzkonstruktion auf der das Bauwerk, wie auf einem Schlitten, in nur drei Tagen an seinen neuen Standort glitt. Sechs Männer waren hierzu erforderlich, die die Kapelle durch das Anziehen von Druckschrauben zentimeterweise vorwärts bewegten. Von dieser technischen Meisterleistung zeugt noch heute eine Inschriftentafel im Ostgiebel der Kapelle. Das spektakuläre Versetzen der Jakobskapelle brachte ihr die Bezeichnung „Verrückte Kapelle“ ein.
Bis Ende der 1990er Jahre wurde die Kapelle durch die St. Katharinengemeinde kirchlich genutzt. Danach für kurze Zeit in städtischer Obhut, ging die Kapelle Anfang des Jahres 2000 in das Eigentum der Stiftung Wredow’sche Zeichenschule über. Mit der geplanten Nutzung zu Ausstellungszwecken, als Atelierraum, für Konzerte und Lesungen eröffnete sich für den kleinen Sakralbau eine neue Zukunft.
Mit viel Engagement wurde die denkmalgerechte Instandsetzung der sanierungsbedürftigen Jakobskapelle in Angriff genommen. In einem ersten Bauabschnitt konnte der eichene Dachstuhl repariert und das Dach mit handgestrichenen Bibern umgedeckt werden. Es folgte die Sanierung der Fassaden und die Reparatur des Turmhelmes, der mit einer neuen Wetterfahne versehen wurde. Die Inschrifttafel, die von der Versetzung der Kapelle kündet, wurde vor Ort instandgesetzt. Das mittelalterliche Kreuzigungsrelief wird derzeit durch die Steinwerkstatt der Fachhochschule Potsdam restauriert. Nicht zuletzt wurde auch der Innenraum in behutsamer Weise für die zukünftige Nutzung hergerichtet. So konnte die restaurierte Jakobskapelle im Juni 2004 mit einer Festveranstaltung zum 200. Geburtstag des Bildhauers August Julius Wredow feierlich eingeweiht werden.
Die Restaurierungsarbeiten wurden durch die dankenswerte Unterstützung Brandenburger Handwerker, die etliche Bauleistungen uneigennützig sponsorten, durch Spendengelder und Fördermittel ermöglicht. Neben der Eigentümerin engagierten sich der Rotary Club, der Lions Club, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Mittelbrandenburgische Sparkasse, wie auch die Stadt Brandenburg an der Havel finanziell für das außerhalb des Sanierungsgebiet gelegene gefährdete Bauwerk, so dass dieses nach Komplettierung der Eigenmittel 2002 in das „Dach und Fach“ Förderprogramm aufgenommen werden konnte.
Mit der Jakobskapelle wurde die letzte im Brandenburger Stadtgebiet erhaltene mittelalterliche Kapelle mit „bewegter“ Geschichte vor dem Verfall gerettet und einer vielversprechenden neuen Nutzung zugeführt. Der mannigfache Einsatz für die Kapelle findet seine Anerkennung in der Auszeichnung als Denkmal des Monats Januar 2005.
(Anja Castens, Bauamt/Denkmalschutz)